Lichen planus actinicus
Anamnese:
Die 42-jährige Patientin stellte sich in unserer Ambulanz vor zur Exzision einer pigmentierten Läsion paranasal rechts bei histologisch durch Probebiopsie gestellter Diagnose einer Lentigo maligna. Anamnestisch war im Bereich der Unterlippe mittig bereits ein Melanom exzidiert worden. Die Patientin stammte aus dem Libanon und hatte einen dunkleren Hauttyp.
Klinischer Befund:
Paranasal rechts zeigte sich eine unscharf begrenzte makulöse Hyperpigmentierung. Weitere teils streifige, teils inhomogen pigmentierte Maculae fanden sich im Bereich der rechten Schläfe, des rechten Mundwinkels und des Philtrums. Am Kinn bestand eine reizlose Narbe nach Vorexzision.
Histologischer Befund:
In den HE-gefärbten Schnittpräparaten neu entnommer Probebiopsien zeigte sich ein schmales Epithel mit fokaler Hypergranulose. Subepidermal fanden sich perivaskuläre bis bandförmige lymphohistiozytäre Entzündungsinfiltrate, die auf die Epidermis übergriffen, sowie zahlreiche eingestreute Melanophagen. Fokal fanden sich an der Junktionszone vakuoläre Auflockerungen sowie nestförmige Ansammlungen teils pigmentierter Zellen, die immunhistologisch eine positive Reaktivität für Melan-A bei fehlender Markierung für HMB45 und Protein S100 aufwiesen. Weiterhin ließen sich fokale Ansammlungen nekrotischer Keratinozyten im Bereich der Junktionszone und eine basale Hyperpigmentierung der Epidermis nachweisen. Das Bindegewebe zeigte eine aktinische Schädigung.
Kommentar:
Da das klinische Bild mit multiplen pigmentierten Läsionen ungewöhnlich war, entnahmen wir zunächst weitere Probebiopsien. Nach Korrelation der klinischen und histologischen Befunde und weiterer Literaturrecherche stellten wir die Diagnose eines Lichen planus actinicus. Der Lichen planus actinicus ist eine distinkte klinische Variante des Lichen planus, die vorwiegend in lichtexponierten Hautarealen auftritt, insbesondere bei Angehörigen orientalischer Abstammung mit dunklerem Hauttyp. Klinisch entwickeln sich unscharf begrenzte, asymmetrische und inhomogene makulöse Hyperpigmentierungen, die eine klinische Variabilität aufweisen können.
Histologisch findet sich eine lichenoide entzündliche Reaktion mit deutlicher subepidermaler Pigmentinkontinenz. Im Bereich der Junktionszone können ungewöhnlicherweise kleine nestförmige Ansammlungen teils pigmentierter Zellen auftreten, die melanozytären Nestern ähnlich sind, sog. „pseudomelanozytäre Nester“(1). Sie zeigen immunhistologisch zudem eine positive Reaktion mit Melan-A und können dadurch eine melanozytäre Proliferation vortäuschen. Es handelt sich jedoch nicht um melanozytäre Zellnester, weitere immunhistologische Untersuchungen zeigen eine Negativität für HMB45 und Protein S100. Bei herkömmlichen Läsionen von Lichen planus in nicht-sonnenexponierten Arealen treten solche „pseudomelanozytären Nester“ an der Junktionszone nicht auf, jedoch bei anderen lichenoiden Entzündungsreaktionen im Gesichtsbereich wie lichenoider phototoxischer Reaktion oder auch lichenoider Keratose (1).
Diese Nester setzen sich vermutlich aus verschiedenen Zelltypen wie nekrotischen Keratinozyten, Melanozyten und Entzündungszellen zusammen. Der Grund für die unspezifische Färbung der Nester für Melan-A ist weitgehend unklar, es wird spekuliert, ob es in Keratinozyten vorhandene Melanosomen anfärbt (1). Beltraminelli et al (1) kommen daher zur Einschätzung, dass Melan-A in der Differenzierung pigmentierter Läsionen in sonnenexponierten Hautrealen immer im Kontext mit anderen melanozytären, oder auch nicht-melanozytären, Immunmarkern zur Anwendung kommen sollte. Diese Befundkonstellation kann einen Fallstrick darstellen und ohne klinisch-pathologische Korrelation zur fälschlichen Diagnose eines Melanoms führen.
Literatur:
1. Helmut Beltraminelli, Laila El Shabrawi-Caelen, Helmut Kerl und Lorenzo Cerroni. Melan-A-positive „pseudomelanocytic nests“: a pitfall in the histopathologic and immunohistochemical diagnosis of pigmented lesions on sun-damaged skin. Am J Dermatopathol 2009; 31:305-308
2. Helmut Kerl, Lorenzo Cerroni. „Standard of reasonable care“ in der Dermatopathologie. JDDG 2011;9:721-722