Artifizieller Dermis-Ersatz (Integra®)
Anamnese:
Ein 24-jähriger Patient stellte sich zur Nachsorgeuntersuchung bei Z.n. Dermatofibrosarkoma protuberans an der Stirn vor. Im Vorfeld war im Anschluss an eine 6-monatige neoadjuvante Systemtherapie mit dem Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib (Glivec®) nach entsprechender Reduktion des Tumorvolumens nachfolgend eine Exzision des Dermatofibrosarkoma protuberans mit 2 cm Sicherheitsabstand bis zur Galea mit anschließender Defektdeckung erfolgt. Nun sei nach initial 4-wöchiger komplikationsloser Wundheilung im kranialen Bereich des Transplantates eine Induration aufgefallen.
Klinischer Befund:
An der Stirnmitte zeigt sich ein 8 x 8 cm großes leicht eingesunkenes Narbenareal mit wenigen residuellen Erosionen und Krusten. Im kranialen Bereich (blaue Markierung) zeigt sich eine 5-8 mm große gräuliche Induration mit leichter Schuppung (Abbildung 1 a).
Histologie:
Histologisch zeigt sich im Biopsat, welches aus dem indurierten Areal entnommen wurde, eine dysplasiefreie Epidermis ohne Nachweis von assoziierten Adnexstrukturen. Im Bereich der Dermis finden sich teils verzweigte, teils etwas dickere und amorphe eosinophile Fasern innerhalb aufgelockerter opaker Grundsubstanz. (Abbildung 1 b, c). Eine eosinophile Homogenisierung des Bindegewebes zeigt sich ebenso wenig wie Granulome oder atypische Spindelzellen im Sinne eines Sarkomrezidivs. Im Randbereich findet sich eine kleine epidermale Inklusionszyste.
Weitere Diagnostik:
Diagnose:
Somit ist der klinische und histologische Befund gut mit postoperativen Veränderungen im Rahmen des verwendeten Dermis-Ersatz (sowie einer kleinen Inklusionszyste) zu erklären.
Diskussion:
Ein künstlicher Hautersatz kommt vor allem bei tiefen und ausgedehnten Kopfhautdefekten, welche Verschiebe- oder Transpositionslappen sowie Vollhauttransplantaten nur bedingt zugänglich sind, zum Einsatz (1, 2). In unserem Fall war eine radikale Exzision eines Dermatofibrosarkoma protuberans an der Stirn vorgenommen worden. Der große resultierende Gewebsdefekt wurde anschließend mit dem künstlichen Dermisersatz Integra® sowie einer darauf gesetzten Spalthauttransplantation gedeckt. Integra® ist ein zweischichtiges Membransystem. Die dermale Ersatzsschicht ist eine poröse 3-dimensionale Matrix quervernetzter porcinen Kollagenfasern und Glykosaminoglykanen (Chondroitin-6-Sulfat). Eine rasch degradierende epidermale Ersatzschicht besteht aus Silikon, um Wasserverlust aus dem Dermisersatz und eine bakterielle Superinfektion zu verhindern. Der dermale Anteil wird langsam über einen Zeitraum von 30-50 Tagen degradiert und durch normales kollagenes Bindegewebe unter Neovaskularisation ersetzt (3). Auf die dermale Ersatzschicht kann eine Spalthauttransplantation, wie in unserem Falle erfolgt, gesetzt werden. In der Regel zeigen sich flache homogene postoperative Wundverhältnisse, teilweise kann es jedoch auch im Laufe der Wundheilung vorübergehend zu einer unruhigen Relief-Struktur v.a. bei großflächigerem Wundersatz kommen. Bei unserem Patienten zeigte das langfristige Wundergebnis 2 Jahre nach Primärexzision eine an das übrige Hautbild angepasste Struktur des Transplantates (Abbildung 1 d). Der Patient ist weiterhin tumorfrei.
Abbildungslegende:
Abbidung 1: a Klinischer Befund 6 Wochen nach Operation eines Dermatofibrosarkoma probuberans mit fokaler Induration im kranialen Bereich der Narbe. b, c Wenig verzweigte unterschiedlich große kollagene Fasern innerhalb aufgelockerten Bindgewebes mit spärlichem Rundzellinilftrat. Im Randbereich zeigt sich eine kleine (a.e. postoperative) Inklusionszyste. d Postoperativer Befund 2 Jahre nach Primärexzision mit flacher Narbe im Hautniveau.
Literatur:
1. Komorowska-Timek E, Gabriel A, Gupta S. Artificial dermis as an alternative for coverage of complex scalp defects following excision of malignant tumors. Plast Reconstr Surg. Apr;115(4):1010-7, 2005.
2. Johnson MB, Wong AK. Integra-based Reconstruction of Large Scalp Wounds: A Case Report and Systematic Review of the Literature. Plast Reconstr Surg Glob Open. Oct; 4(10): 1074, 2016.
3. Stern R, McPherson M, Longaker MT. Histologic study of artificial skin used in the treatment of full-thickness thermal injury. J Burn Care Rehabil 11: 1, 7-13, Jan-Feb, 1990.
Aufgrund dieser histologischen Auffälligkeiten der Bindegewebstextur erfolgte ein Einblick in das Op-Protokoll sowie eine Rücksprache mit den Operateuren. Dies lieferte den entscheidenden Schlüssel zur Diagnose: bei tiefem Gewebsdefekt war im Anschluss an die Exzision des Dermatofibrosarkoma protuberans an der Stirn ein künstlicher Dermisersatz (Integra®) mit anschließender Spalthauttransplantation zum Einsatz gekommen.